Dienstag, 31. August 2010

BRAUCHEN UND BRÄUCHTEN


Einen kleinen Schluck aus der Flasche ganz links in der ersten Reihe. Und dann einen großen Schluck aus der Flasche rechts außen. Danach das Gespräch locker weiterführen, um dort anknüpfen, wo wir den Faden verloren hatten. Um das Ganze wieder an den Punkt zurückführen, wo alles verständlicherweise so unverständlich wurde,daß nur ein tiefer Schluck aus der Flasche in der Mitte zu der Klarheit führte, führt und führen wird, die wir gebraucht hätten, bräuchten, und brauchen werden.

Donnerstag, 26. August 2010

homo subversivus


er spuckt direkt in ihre Suppe
die Spinne läuft ihm auf die Hand
er vögelt eine Plastikpuppe
und fährt den Wagen an die Wand







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Freitag, 20. August 2010

WÄRSAHDSCHE JÄCKKET


Fürst Mirko ist wieder in der Stadt. Komplett mit Schädel.
Voila ! Da kommt er, dunkelhosig und birkenbeinig.






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Montag, 16. August 2010

HIC ET NUNC



"FREIHEITSBERAUBUNG WIRD ALS ORGANISIERTES VERGNÜGEN GELIEFERT ."

aus Flugblatt "Suchanzeige" der Subversiven Aktion , 1964








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Mittwoch, 11. August 2010

Sonnengedicht

 

Wo Arbeit ruft
schreit Faulheit mir entgegen
doch ich schaff Alles 
auch ohne was zu tun
denn mein Talent ist ein Gigant
ein jeden spielt es an die Wand 
 
ich kanns auch besser
denn mein Verstand ist wie ein Messer
doch von der Art der faulen Sau 
denn morgen morgen bloß nicht heute
geh ich auf träge Suche nach der Beute
 
leg mich aufs Sofa ohne Scham
und atme ein und aus die träge Luft
die auch nichts tut aus eigner Kraft
und laß die Erde sich ein wenig weiter drehn
bis das die Sonne sie vertilgt
 
nicht morgen auch nicht nächste Woche
in spätren Jahren in Trillionen
wenn wir schon längst nicht mehr hier wohnen

boote





auf dem nassen Tuch
kleben farbige Holzstücke
unsere Boote
Hüte im Profil
aufgeschnittene Flugzeuge
verlassene Haltestellen







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Keiner nicht da














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BERLIN TOKYO





Mitten in der Nacht wuchsen seine Befürchtungen. Ein Blick auf die Uhr bestätigte seine Zweifel. Die Zeit war eingefroren. Er stand auf und ging in die Küche. Während draußen der Wind um die Dächer pfiff, saß in Tokyo eine Japanerin in einem Seidenmorgenmantel an dem Glastisch in ihrer Küche und löffelte Eis. Er konnte ihr Gesicht nicht erkennen, aber ihre ganze Haltung und ihr Körper ließen vermuten, daß sie schön war. Nach einer Weile stand sie auf, knipste das Licht aus, verschwand geräuschlos hinter einer Schiebetür. Der Löffel, den sie benutzt hatte, glänzte im Mondlicht.






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OHNE TITEL


Fürst Mirko hatte in der Stadt seinen Kopf verloren. Nun gut.









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SCHUHE & SCHULDEN


Es ist nicht gut, vor dem Einschlafen dieses Durcheinander. Erstmal quasi als Aperitif ein Haufen Salat mit Furzzwiebeln, dann in fettiger Kräutermarinade eingelegte weichgebratene Schweinesohlen mit gelben Kartoffelnstücken im Ölglanz, ein Glas Wasser hinterhergekippt anstatt leckeren Rotwein, der Abstinenz zu Liebe, dann Kekse mit Schokoladenfüllung zu Filterkaffee, und kurze Zeit später, anstelle des Verdauungsschnapses kleine, unkontrollierte Mengen von Nüssen, Rosinen, oberflächlich zerkaut zwischen schlecht artikulierten Wortfetzen.
Dann rülpst man noch einwenig und spuckt so vor sich her und dann schlafen gelegt in der Stille.
Dann stört ein Geräusch auf dem Dach. So ist das am ersten Urlaubstag. Nach der ersten Euphorie stört was. Was kleines. Der Wind, ein Knacken hier, ein Pup dort. Man öffnet das Fenster und hört das Meer. Wie eine Autobahn. Das stört auch. Also Fenster wieder zu , im Dunkeln, bis wieder das Gerumpel auf dem Dach zu hören ist. Also wieder auf das Fenster und volle Konzentration auf die Wellen. Dann kommt die Grübelei. Fragen, die hin und her geschoben werden. Antworten rieseln zwischen den Fingern, der Sand knirscht und der Mückenstich juckt. Die Haare , die letzten, stehen einem in alle Richtungen vom Kopf ab. Die Gesichtsfalten versucht man auf Anraten einer Freundin mit Creme im Bann zu halten. Man weiß in letzter Zeit oft nicht, was eigentlich mit einem los ist, wenn man sagt: „ ich weiß nicht, was mit mir los sind“
Deswegen fährt man an die Ostsee . Beim Packen der Reisetasche wird bemerkt, dass die geeigneten Schuhe fehlen. Und das Konto leer ist. Also macht man Schulden.

VÄTER UND SÖHNE


Sie wachten ruckartig auf. "Unsere Decken, wo sind unsere Decken? " hörten sie sich sagen. "Nichts, nichts ist passiert", flüsterten Frauenstimmen. Ein Streifen Mondlicht lag auf ihren Betten. Sie schlossen wieder die Augen : etwas Sternenstaub über Tokyo,Menschen, die im Gras schliefen, Choräle im feinstem Blau priesen einen Tag, der morgen beginnen sollte. „Wir wollen nicht morgen, wir wollen gestern ! „

Diese Feiglinge! Ihre größte Anstrengung war die ihrer Mütter! Als sie durch ihre verklebten Augen ein rotes Licht schimmern sahen, hätten sie sich am liebsten in die Hosen geschissen. Aber sie kannten noch nicht das Wort für Hose und Morgenrot. Sie schrieen, mit den Kräften ihres Leibes. Nachdem sie die Augen geöffnet hatten, hatten sie es nicht gelernt, das Licht zu nutzen, die Schatten auszukosten, die scharfen Kanten der Welt zu schleifen. Erst versteckten sie sich hinter Büschen, bis diese anfingen zu brennen. Dann trieb man sie an zu rennen . Die einen verhedderten sich in ihren langen Nabelschnüren, die anderen durchschnitten sie, um gleich darauf mit dem Schwert auf alles Lebendige loszustürmen. Wenige blieben einfach sitzen und lauschten. Ihre Väter waren irgendwo hinter dem Horizont beschäftigt, man hörte das Dröhnen ihrer Werkzeuge, das Trampeln ihrer Schritte, ihr Stimmenorchester, wenn sie debattierten und Pläne für die Zukunft entwarfen.




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I´am afraid that I hope


Er ist furchtsam und flüchtet sich in die schmalen Gänge eines Labyrinthes. Begleitet von einem alten Gaul, den er hinausführen will in eine weite, herrliche Landschaft. Aber er lahmt, bis er schließlich vollends zusammenbricht und unter dem ersten Strahl der Morgensonne verdampft.
Wie ein Quentchen Hoffnung sich aufführt!










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Montag, 9. August 2010

WAWAWUMM


Der Frühling ist dada, tralala. Am Straßenrand, neben dem Hundekot zittert das Blümelein. WAWAWUMM. Kein Platz für Amsel, Drossel, Fink und Star. Hormissen beschleunigen vorm Ampelrot. Jetzt übers volle Eigelb brettern. Wenn´s sein muss, auch übers Rot bügeln. Den Schweinehund und die Sau raus lassen mit Händen voller Stinkefinger. Überschminkte Mösen auf dem Nebensitz. Deutsches und anderes Elend in gestärkten Hemden, mit fetten Uhren an den Rippen , Gel im Schnittlauch über Wachsfresse, Röhrengebräunt oder bleich mit Halstuch übern Adamsapfel, der schluckt, wenn einer überholt von rechts, links, oben und unten.
Einer ICHER als der andere und doch nur Eier in der Schachtel.








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a stone on a hot drop


Jonny wusste wieder einmal nicht wohin, ob rein oder raus zum 1. Mai.
Die Welt fühlte sich pelzig an. Das Zimmer war klein und die Fensterscheiben trübe. Also brüllte er erst einmal von seinem Balkon in den Wald: Nieder mit dem Holismus! Er dachte an Mademoiselle Ninette .
Sie kann einfach nicht wie Herta Müller schreiben. Dazu fehlt ihr eine Diktatur. Sie ist nur einmal aus einer Kneipe herausgeflogen, deportiert wurde sie nie.
Das Mädchen ist nicht zynisch, das Mädchen ist nur verzweifelt.
Ach, piepst die Amsel und die Drossel bleibt stumm.
Die ganz Welt fühlt sich so komisch an, hier in Deutschland, wo ihr nie erwachsen wurdet, weil ihr seit 60 Jahren keinen Krieg hattet, sagt Opa Müller. Kann man denn nur erwachsen werden, wenn man einen Krieg hatte, fragt mademoiselle Ninette und öffnet den obersten Knopf ihrer Bluse. "Natürlich wirst du auch ohne Krieg erwachsen mein Kind," sagt Johnny
"Das ist nicht klug , das ist dekadent," antwortet mademoiselle und öffnet ihren "Mund.

Die Austellungseröffnung von Dämlich Hörst war ein Erfolg , auch für Johnny.
"Ei elso wörk wiß schocks."
Sorry?
Dämlich Hörst hatte verstanden: ich arbeite auch mit der Schocktherapie.
"I love the painters of the reneesongs."
Sorry?
Die Lieder eines gewissen Renee?
"Eim Artist elso."
"Before I was Radio and Televisiontecnicman."
Noch eine Frage an Herrn Dämlich Hörst:
"Can Ei make eh foto with you?"
Sorry?
Can Ei make eh foto with onions and you ?"


It´s only a stone on a hot drop.

FUTURISTEN


Futuristen und Pöbel aus dem Mittelalter kämpften um die letzten Diamantenreserven, bis sie von Cyanobakterien gefressen wurden. Kindersoldaten aus dem Sudan köpften aufgebrachte Methodisten, deren Vorfahren tapfer die Segel hissten, auf wendigen, muschelbelegten Booten. Die Opfer des dreißigjährigen Krieges standen auf von den Toten, und mischten sich unter die Arbeitslosen Europas im beginnenden 21. Jahrhundert. Jeder 12. Künstler wurde ehrlich und vollzog eine Selbstverbrennung unter Verletzung seiner restlichen Würde. Liebespaare versprachen sich jedes Jahr mehr Zuwendung, als sie je hätten vertragen können. Vertriebene Volksgruppen klagten ihr Recht ein, sich mit Gewalt in ihre angestammte Heimat zurückziehen zu dürfen. Blutzollwegelagerer stiegen nach vollzogenener Tat zu dutzenden unfreiwillig zum Himmel hinauf, nachdem sie zu Helden erklärt wurden









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